Emil Pottner

(1872-1942)

Der Maler und Keramiker lebte 30 Jahre in Petzow

bis ihn die Nazis in den Tod trieben.

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Im Jahr 2013 stieß man im Petzower Heimatverein auf die Spuren eines Mannes, den hierzulande wohl kaum jemand kennt. Dem in Berlin wohnenden Maler und Keramiker gehörte von 1908 bis 1938 ein Haus und ein Grundstück an der Berliner Chaussee in Petzow, wo er immer die Sommermonate verbrachte. Pottner gehörte einige Zeit an der Seite Max Liebermanns der Berliner Secession an.


Emil Pottner. Ausstellungskatalog 2013, Mutter Fourage, Berlin.

Emil Pottner wurde 1872 in Salzburg geboren, die Familie war

jüdischen Glaubens. Als die Familie nach Braunschweig umzog, war Emil Pottner noch ein Schulkind. Sein Talent, gut und viel zu zeichnen sowie seine schnelle Auffassungsgabe gaben aber schon früh seinen Eltern den Anlass, trotz stets angespannter finanzieller Verhältnisse die Talente ihres Sohnes zu fördern. Nach Ausbildungsjahren beim Braunschweiger Thea¬termaler Fueger, und am Polytechnikum bei Adolf Nickol gelangt er über einige Umwege (u.a. Nagybánya/Ungarn und Sluis/Niederlande) 1903 nach Berlin. Hier lernt er seine spätere Frau Maria Porzelt kennen und wohnt, bis ihn die Nazis vertreiben, in der Düsseldorfer Straße 12.


Bald lernt Pottner den später sagenumwobenen Paul Cassirer kennen. Der ebenfalls noch junge Kunsthändler nimmt ihn unter Vertrag. Seit 1899 fühlt Pottner sich zur Berliner Secession hingezogen, er stellt auch regelmäßig in Cassirers Kunstsalon aus.


Emil Pottner "Der Garten am Wasser". Ausstellungskatalog 2013, Mutter Fourage, Berlin.










 Im Jahr 1904 wird Emil Pottner ordentliches Mitglied der Berliner Secession, die bis 1911 unter dem Vorsitz Max Liebermanns stand, 1905 tritt er dem Deutschen Künstlerbund bei. 1906 beginnt er sich mit Keramik zu beschäftigen, zunächst beim Töpfer Toepper in Berlin, später an der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin, wo er seine Arbeiten auch brennen lässt. 1917 übernimmt er die verlassene Werkstatt des verstorbenen Toepper. Mit seinen Keramiken kommt er zu bescheidenem Geld, malt aber immer noch weiter.


Durch seine gemeinsamen Besuche mit dem Maler Oskar Moll am Schwielowsee lernt Pottner die dortige Gegend kennen, begeistert sich für sie und erwirbt schließlich 1907/1908 selbst ein direkt an der Havel gelegenes Grundstück in Petzow. Es ist eine einschneidende Veränderung in Pottners Leben und Schaffen.


1908 lösen Pottner und Cassirer ihren Vertrag im gegenseitigen Einvernehmen. Dem Maler gingen wohl die Bestrebungen Cassirers zu weit, ihn offenbar als Alternative zu Max Slevogt (1868-1932) aufzubauen, wie er in seinen Erinnerungen schreibt. Im gleichen Jahr stellt der Künstler auf der 15. Ausstellung der Secession erstmalig seine Keramiken aus.


1910 erhält Emil Pottner auf der Weltausstellung in Brüssel den Grand Prix für seine keramischen Kleinplastiken. Die Großherzögliche Majolika-Manufaktur in Karlsruhe erwirbt 1910/1911 die Vervielfältigungsrechte für über 100 Vogelkeramiken von Pottner. 1911 entstehen seine Lithographien zu seinen Büchern „Eindrücke aus dem Leben der Vögel“, „Sommertage im Geflügelhof“ und Farbholzschnitte zu der Mappe „Der Garten am Wasser“, dem Hauptwerk seiner Petzow Zeit. Allesamt die Werke, zu denen er sich in Petzow inspiriert hat.
Wegen körperlicher Schwäche wird Pottner nicht zum Kriegsdienst eingezogen. Wohl eine Folge seiner dauerhaften Selbstausbeutung für die Neuorganisation der Berliner Secession, die sich im Jahre 1913 spaltet und in der er noch einige Zeit Mitglied im Vorstand ist. 1917 erklärt er dann seinen Austritt.


Pottner nimmt an der Weltausstellung in Gent 1913 teil, wird 1914 Mitglied im Deutschen Werkbund. Er zeichnet zahlreiche tierallegorische Beiträge für verschiedene Kriegszeitschriften.
1916 erhält der Künstler von einem honorigen, von ihm nicht näher benannten Konsul Sch. den Auftrag für das sogenannte „Spanische Zimmer“, einer in ihrer Gänze in Keramik angelegten Zimmerausstattung. Als er sie 1922 in der Berliner Secession ausstellt, gilt das begehbare Gesamtkunstwerk bald als sein Lebenswerk. Doch es folgte noch ein weiterer lukrativer Auftrag.


Wohl unter dem Eindruck des Spanischen Zimmers, beauftragt der in Berlin-Wannsee lebende reiche Bankier Dr. Otto Jeidels, Geschäftsinhaber der Berliner Handelsgesellschaft, Pottner mit einer keramischen Ausgestaltung seines weiträumigen Anwesens, einschließlich des privaten Hallenschwimmbades. Es wird Pottners umfangreichster Auftrag nach dem Spanischen Zimmer.


Von 1933 an trifft den jüdischen Maler und Keramiker die volle Brutalität der national­sozialist­ischen Repressalien. Er erhält Berufsverbot, ein Eintritt in die Reichskulturkammer wird ihm verwehrt. Seine Werkstatt in Berlin-Charlottenburg muss er aufgeben. Zwar kann er sich mit seinen Werken noch 1934 und 1935 an Ausstellungen beteiligen, jedoch 1935 sollte die im Jüdischen Museum in Berlin die letzte zu seinen Lebzeiten sein. Im gleichen Jahr verstirbt Ehefrau Maria, doch schon im Dezember verlobt er sich mit Gertrude Kaminski.


In den Folgejahren zwingt ihn die Machtmaschinerie Hitlers mit ihren menschenverachtenden Gesetzen sein Hab und Gut zu verkaufen und seine Wohnung in Berlin aufzugeben. Auch sein Besitz in Petzow wird ihm von den Nationalsozialisten genommen. 1938 muss er sich von seinem liebgewonnen Petzower Grundstück trennen, wo er so viele Jahre seine Tier- und Gartenbilder, seine Holzschnitte, geschaffen hatte.
Eine schwere Erkrankung verhindert 1942 zunächst noch seine Deportation in ein Vernichtungslager, verzögert sie jedoch nur um ein paar Wochen. Denn Hitlers Helfer verschonen Pottner nicht, gab ihnen schließlich ihr NSDAP-Parteiprogramm vor: „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.“


Am 24. Juli 1942 wird der Jude Emil „Israel“ Pottner nach Theresienstadt deportiert, am 26. September nach Treblinka. Von dort bringt man ihn vermutlich weiter in das Vernichtungslager Maly Trostinez. Die Lebensspur des Malers und Keramikers Emil Pottner verliert sich am 28. September 1942.


"Enten im Schilfe" und "Fischreihergruppe", beides um 1911. Museum Waschhaus am Haussee, Petzow.

Gedenken und erinnern
Im Petzower Heimatverein gaben Leben und das Schicksal Emil Pottners den Anlass, es aus der Vergessenheit zurück zu holen und man begann mit eigenen Nachforschungen. Neben den ausführlichen biographischen Angaben Dr. Oertels aus dem Ausstellungskatalog von 2013 wurden für die Recherchen auch Primärquellen zu Rate gezogen: Katasterunterlagen, Original-Schriftstücke aus der sog. Vermögenseinziehung der Nazis, seine persönlichen Aufzeichnungen “Indiskretionen aus meinem Leben“. Natürlich wandte sich der Verein auch seinem künstlerischen Werk zu. So gelangte z.B. der Probedruck einer Kaltnadelzeichnung "Enten im Schilfe“ aus dem Jahr 1923 sowie aus dem keramischen Nachlass ein 1911 in Karlsruher Majolika geschaffener Entwurf „Fischreihergruppe“ in den Besitz des Petzower Heimatmuseums. Zusammen mit einer Texttafel über das Leben Pottners soll damit im Museum des einstigen Petzower Bürgers gedacht werden, den hier bisher wohl kaum jemand kannte, der aber dennoch 30 Jahre hier lebte.


Im Jahre 2022 schließlich, in dem sich der Geburtstag zum 150. Mal und sein Todestag zum 80. Male jährten, wurde eine Gedenktafel aufgestellt. Direkt an der Havel, unweit des Ortes, an dem der Künstler Lebens- und Schaffensjahre verbrachte.
In dem vom Heimatverein Petzow e.V. herausgegebenen Buch „Petzow. Relativ absolut.“ ist ein Kapitel Emil Pottner gewidmet.

Erinnerungstafel. Berliner Chaussee/Bushaltestelle Riegelspitze Richtung Werder. HV Petzow


 




 
 
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